Feinfühlige Bodenarbeit á la Kenzie Dysli – ein Erfahrungsbericht

Seit fünf Tagen bin ich in Andalusien auf der Hacienda Buena Suerte und habe viel gelernt: zuerst einmal, dass in Spanien nicht immer die Sonne scheint! Tagelanger Regen und windiges kaltes Wetter trüben die Urlaubsfreude etwas – aber ich bin ja nicht nur zum Erholen hier, sondern hauptsächlich wegen der Pferde. Und wegen der feinen Kommunikation mit den Pferden, für die Kenzie Dysli als jüngstes Mitglied der Familie bekannt geworden ist.

Feine Reitkunst und natürliche Beziehung zu Pferden

Kenzie Dysli ist mit Pferden hier auf der Hacienda aufgewachsen und hat ihren ganz eigenen Stil des Natural Horsemanship entwickelt – eine Kommunikation mit feinen Gesten und spielerischer Leichtigkeit. Auf Messen ist sie inzwischen regelmäßiger Gast und begeistert mit feinfühligen Freiheitsdressuren und hoher Schule ohne Zaumzeug und Sattel. Ihre beiden Pferde James und Atila wurden zu Stars im Kinofilm „Ostwind“ – und auch Kenzie wirkt im Film als Double für die Pferde- und Reitszenen mit.

Mich haben die Videos ihrer Pferdearbeit sehr begeistert – sie strahlen eine wunderbare Schönheit, Leichtigkeit und Freude für Mensch und Pferd aus. Daher bin ich nach Andalusien gekommen, um diese feine Art der Kommunikation mit dem Pferd zu lernen. Leider ist Kenzie gerade unterwegs – eingeladen von Pat Parelli nach Amerika. Tja, ein „Star“ kann eben nicht immer seine geplanten Kurstermine halten … Also zeigt mir Nadine, die Co-Trainerin von Kenzie Dysli bei ihren Kursen, die ersten Lektionen.

 

Kenzie Dysli auf ihrem Wallach James (Foto: Archiv Boiselle, Gabriele Boiselle)

Auf Augenhöhe – das Führen und Longieren
Beim Führen soll das Pferd mit seinem Kopf dicht neben meiner Schulter laufen und das Tempo selbstständig an meines anpassen. Als Hilfsmittel habe ich eine Gerte, die mein verlängerter Arm ist und das Pferd am Bauch antippt, wenn es zu langsam ist – oder nach vorn eine Grenze schafft, wenn das Pferd mich überholen will. Einen Führstrick gibt es zwar, aber der ist nur eine symbolische Verbindung und hängt die ganze Zeit locker durch. Ziel der Übungen ist es ja am Ende, das Pferd freilaufend um mich herum zu schicken. Alle Signale werden über Körpersprache gegeben. Wenn ich meine Schultern nach innen drehe, läuft das Pferd dichter, um auf Höhe meiner äußeren Schulter zu bleiben. So kann ich mich fast auf der Stelle drehen und das Pferd trabt in einem schönen kleinen Kreis um mich herum. Wow, das ist schon mal klasse! Dann die Drehung, d.h. das Pferd soll die Richtung um mich herum ändern: Einen Schritt nach hinten und das Pferd zu mir einladen – und wenn es sich mir zuwendet, sofort groß aufrichten und es zur anderen Seite wieder rausschicken. Die Bewegung muss recht schnell sein, damit das Pferd im flüssigen Gang bleibt. Anfangs ist das gar nicht so einfach, aber nach einigem Üben klappt es sogar im Trab! Es ist ein tolles Gefühl, wenn das Pferd auf ganz feine Signale reagiert, fast wie tanzen! Zwischendurch wird das Pferd immer wieder angehalten, aus dem Schritt oder auch aus dem Trab heraus. Dazu bleibt man selbst abrupt stehen und hebt die Gerte vor dem Pferd, verbunden mit dem Signalwort „Ho“. Aus dem Halten heraus dann ein paar Tritte rückwärts – stehen – und wieder antraben. Das bringt Schwung in die Übung und ist prima, um die Aufmerksamkeit des Pferdes beim Menschen zu halten.

Beine kreuzen – die Seitengänge

Die nächste Lektion bei Kenzies Bodenarbeit sind die Seitengänge. Dafür wird zuerst geübt, die Vorderhand und Hinterhand des Pferdes zu verschieben. Nur auf leichtes Antippen mit der Hand oder mit der Gerte bewegt das Pferd die Beine von mir weg – so können einzelne Schritte oder auch eine ganze 360-Grad-Drehung „abgefragt“ werden. Dann soll das Pferd seitwärts von mir weg gehen und dabei die Vorder- und Hinterbeine schön kreuzen. Das sieht ganz einfach ist, verlangt aber eine klare Position von mir. Ich laufe auf Höhe des Pferdehalses mit und habe die Gerte zum Antippen der Hinterhand – denn von dort sollen der erste und der letzte Schritt ausgeführt werden. Das Ganze geht auch in die andere Richtung – seitwärts auf mich zu. Das ist für viele Pferde erstmal unverständlich, da sie jetzt auf den Menschen zu gehen sollen. Deshalb macht man diese Übung auch nur mit einem Pferd, das sich dem Menschen gegenüber bereits respektvoll verhält. Ich stehe wieder seitlich des Pferdes und tippe diesmal mit der Gerte als Signal die gegenüberliegende Hinterhand an. Bei Jamil, dem erfahrenen Lehrpferd von Kenzie Dysli, brauche ich nach kurzer Zeit nur noch mit klarer Haltung die Gerte über seine Hinterbeine zu halten und er macht einige schöne Schritte auf mich zu.

Freiarbeit – Kommunikation „am seidenen Faden“

Das alles geht natürlich auch mit dem freilaufenden Pferd. Wenn man denn genug geübt hat und die Verbindung zwischen Pferd und Mensch steht … Für die Freiarbeit eignet sich am besten ein Round pen, ein runder Arbeitsplatz, auf dem das Pferd sich ohne Seil und Halfter bewegen kann. Der Mensch steht in der Mitte und schickt das Pferd in eine Richtung, so dass es sich am äußeren Rand des Platzes entlang bewegt – am besten im Trab oder Galopp. Durch „Abschneiden“ des Weges wird das Pferd angehalten und in die entgegengesetzte Richtung geschickt. Nach ein paar dieser Wendungen kann man das Pferd auf diese Weise anhalten und es zu sich einladen. Ich mache diese Übungen als Vorarbeit zur freien Kommunikation wieder mit Jamil, dem erfahrenen Fuchswallach. Er will alle Signale ganz genau wissen und „testet“ mich ein bisschen. Er scheint zu fragen „Meinst du es auch ernst?“ und ich muss ein paar Mal viel stärkere Signale geben, als ich eigentlich möchte. Aber auch hier gilt wieder: lieber einmal ein kräftiges Signal, auf das das Pferd reagiert, als ständige leise Signale, die das Pferd nach einer Weile nicht mehr ernst nimmt. Tja, das Persönlichkeitstraining lauert im Umgang mit Pferden eben überall 🙂 Zum Einladen soll ich mich vom Pferd wegdrehen und ihm meine Schulter als Verbindung anbieten. Jamil zögert einen Moment und kommt dann langsam zu mir. Ich belohne ihn durch ein kurzes Streicheln und beginne dann, ihn frei um mich herum laufen zu lassen. Und es funktioniert – er orientiert sich an meiner Schulter und wenn ich sie wegdrehe, läuft er einen kleinen Kreis um mich herum. Ich bin begeistert! Nach ein paar Runden mit Anhalten und wieder loslaufen reißt die Verbindung dann ab und Jamil läuft zum Rand, schaut aber immer wieder in meine Richtung. Ich kann ihn wieder zu mir einladen, indem ich ihm meine Schulter anbiete und ein Stück von im weglaufe. Ich lasse ihn noch ein paar Runden dicht um mich herum laufen, dann beenden wir die Lektion. Gerade bei der freien Arbeit mit dem Pferd ist es wichtig, einen positiven Moment zum Abschluss zu finden, um Vertrauen und Motivation zu stärken.

So ein Zirkus – das Kompliment

Zum Abschluss geht es an die Zirkuslektionen – das Kompliment darf ich lernen. Dabei „verbeugt“ sich das Pferd, indem es ein Vorderbein streckt und das andere angewinkelt zum Boden bringt. Jamil kann es ja schon und ist ganz gierig auf die Möhren, die wir als Leckerli bei dieser Übung nutzen. Als ersten Schritt locke ich ihn mit einer Möhre zwischen seinen Vorderbeinen, so dass Jamil den Kopf nach unten in Richtung Boden nimmt. Danach nehmen wir erstmal ein Seil zu Hilfe, um Jamils Vorderbein in der Luft zu halten, während die Möhre seinen Kopf wieder nach unten lockt. Später geht es auch ohne Seil, einfach mit Antippen des Beines. Für das Kompliment ist ein gutes Maß an Koordination bei Mensch und Pferd nötig – und ein Gespür fürs richtige Timing zum Belohnen: Die Möhre bekommt Jamil nämlich erst, wenn sein angewinkeltes Bein auf dem Boden aufliegt und er die Nase ruhig am Boden hält. Das ist für ihn als „alten Hasen“ eine passende Ausführung der Übung, bei jungen Pferden würde man natürlich jeden kleinen Schritt auf dem Weg dorthin belohnen. Nach ein paar Versuchen bekommen wir das Kompliment schon ganz gut hin – und es macht Spaß, zum Abschluss der Bodenarbeit auch ein bisschen „Zirkus zu spielen“.

Zum Genießen – Freiarbeit mit Kenzie Dysli

Na gut, ganz so schön sieht es bei mir noch nicht aus … aber hier mal die Freiarbeit in Vollendung: mit Kenzie Dysli und ihrem Lusitano-Hengst Atila.

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